Arbeitswelt- und Zukunftsforscherin Lena Marie Glaser

VRFF-BlauPause: Wie New Work unsere Arbeitswelt verändert

New-Work-Expertin Lena Marie Glaser. (c) Vilma Pflaum

Es gibt Begriffe, die sagen scheinbar alles, doch wecken sie beim Einzelnen ganz unterschiedliche Assoziationen – und manchmal auch Befürchtungen und Ängste. Ein solcher ist „New Work“. Um zu klären, was sich dahinter verbirgt und was das für den Arbeitsplatz, insbesondere in Medienhäusern, bedeuten könnte, haben die VRFF-Betriebsgruppen im ZDF und im WDR die Wiener Zukunftsforscherin Lena Marie Glaser zur BlauPause eingeladen. Glaser ist die Gründerin von basically innovative.

Die Arbeitswelt ist im Wandel, oder wie Glaser es in ihrem Impuls beschreibt: „Etwas verändert sich. Da war etwas Altes und es könnte etwas Neues kommen.“ Etwa die digitale Transformation, die gerade die Arbeitswelt umkrempelt. Diese biete einerseits natürlich viel große Möglichkeiten. Sie bedeutet aber auch ständige Erreichbarkeit, schnelleres und verdichteteres Arbeiten und nicht selten daraus resultierend: Erschöpfung.

Auch das zunehmende Einsickern von KI in den Arbeitsalltag kann für Ängste sorgen. „Etwa die Sorge ersetzt zu werden“, sagt Glaser. Das Thema KI tauche immer wieder in Zusammenhang mit Stellenabbau auf, „eine große Diskussion, die auch nicht mehr abebbt“.

Die Pandemie gab einen Vorgeschmack darauf, wie sich Arbeitsräume verändern können. Plötzlich saß die halbe Republik im Home-Office – ein Begriff, der seinerzeit praktisch synonym zu „New Work“ verwendet wurde. Inzwischen bauen zahlreiche Unternehmen wieder zurück, locken Mitarbeitende zurück ins Büro. Nicht selten wird dies jedoch als Ausdruck von Kontrolle und Misstrauen von den Beschäftigten wahrgenommen.

Und diese und nicht nur die häufig zu Unrecht gescholtene „Gen Z“ fordern seit längerem ein anderes Arbeiten ein. „Das wird auch nicht mehr weggehen“, beschreibt Glaser.

Was tun die Unternehmen? Bunte Büros mit Tischkickern, kostenlosen Obstkörben und Mitarbeiter-Events schossen mit einem Mal wie Pilze aus dem Boden. Weiterbildung rückte in den Fokus, ebenso flexible Arbeitsräume – Stichwort: Shared desk oder clean policy – oder die vielzitierten flachen Hierarchen. Die Frage dabei blieb nur: Was genau ist das? Und wollen die Jungen keine Hierarchien mehr?

Obwohl der große Hype vorbei zu sein scheint, rät Glaser Unternehmen, das Thema New Work nicht ad acta zu legen, sondern vielmehr als Chance zu begreifen, eine Arbeitskultur auf Augenhöhe zu schaffen, sprich: echte Partizipation. Das könnte bedeuten, das Wissen der Vielen in Entscheidungen einzubinden. „Das ist ein großer Schatz für Organisationen“, so Glaser, „dies zu nutzen, in den Austausch zu kommen und mitzugestalten“.

Das Thema Vereinbarkeit ist ein weiteres, das in den Fokus rutscht, zunehmend auch bei Männern, beispielsweise bei der Care-Arbeit oder der Balance zwischen Arbeit und Privatem wie sozialem Engagement. Ebenfalls wichtig für viele Arbeitnehmende ist mentale Gesundheit. „Dies ist ebenfalls stark gewünscht“, weiß Glaser.

„Gemeinsam und kreativ Lösungen erarbeiten“, sei ein Punkt, den Glaser als „Freiräume für neue Ideen“ umschreibt – auch in Sachen Fehlerkultur. „Das ist ein wichtiger Mehrwert, wenn man die Belegschaft mitnimmt.“

Doch wie schaut es in der Praxis aus? Gerade in Sachen Partizipation klaffen Zielentwicklung und Methode durchaus weit auseinander, wie ein Teilnehmer anmerkt. Bei der Beteiligung habe er festgestellt, dass die Mitbestimmung oft zurückgefahren werde. Glaser erklärt dies als Unklarheit, die in den Führungsetagen vorherrsche, über das, was der Beteiligungsprozess bringen könnte. „Wenn man alle mitreden lässt, macht am Ende keiner mehr mit.“ Gerade in gewachsenen Strukturen seien Hierarchien noch vielfach gelebte Praxis. Da löse Partizipation mitunter Unsicherheit aus.

Wichtig sei es, so Glaser, dass Änderungsvorschläge nicht nur von den Führungsebenen angeleiert würden. Zudem müssten zeitliche Ressourcen geschaffen werden. „Das darf nicht zum Hobby werden.“ Nur so würde auch ein Mehrwert für die Organisation bzw. das Unternehmen geschaffen.

Ein Beispiel könnte ein Netzwerk New Work sein, schlug die BG-Vorsitzende der VRFF im ZDF vor. Etwas Ähnliches scheint beim ZDF derzeit in Planung zu sein. Im Rahmen eines „New Work Café“ plane das Unternehmen ab 2026 den Beschäftigten eine Plattform zu bieten, selbst Ideen einzubringen.

Denn: Will man die Beschäftigten in den notwendigen Prozessen mitnehmen, sollte New Work keine „von oben“ getriebene Entwicklung sein, so Glaser. Für sie sind die Erfolgsaussichten am größten, wenn alle Ebenen einbezogen werden. „Das ist eine riesengroße Chance. Bei großen Unternehmen gibt es viele, die etwas verändern wollen.“ Also praktisch New Work von unten, indem man die Mitarbeitenden dort abholt, wo sie sind. (ann)

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Arbeitswelt- und Zukunftsforscherin Lena Marie Glaser