Die Pandemie und ihre Folgen: Chance oder Rückschritt für berufstätige Frauen?
von Astrid Schollenberger
Endlich beweglich arbeiten. Endlich Homeoffice auch im ZDF. Wie toll für Frauen! Frauen können Kindererziehung und Job unter einen Hut bringen! Endlich weniger Stress – könnte man denken.
Der Blick auf die Erfahrungen von Frauen in der Corona dominierten Homeoffice-Phase fällt scheinbar überraschend aus: Es sind wieder die Frauen, die überwiegend die Lasten tragen: Homeoffice, Homeschooling, Homeservice.
Es sind noch immer 38 % der Frauen im Verhältnis zu 6 % der Männer im ZDF in Teilzeit-Arbeitsverhältnissen. Das hat, wie wir mittlerweile alle wissen, auch Auswirkungen auf die Versorgung im Alter. Die Ehe fürs Leben hat sich ausgelebt. Die Sicherheiten und Grenzen der alten ökonomischen Systeme sind im Rahmen der Gleichstellung gefallen – die Lasten sind geblieben. Die Erfolgsbilanz nach 25 Jahren Frauengleichstellung im ZDF fällt noch eher dünn aus.
Die “Trümmerfrauen des Shut-Down”
Frauen funktionieren in der Krise immer. Das ist auch gut so, weil es – neutral betrachtet – eine grandiose Eigenschaft ist. Aber sie agieren in den typischen Rollenverhalten. Erstsemester-Studentinnen wünschen sich Kinder und Familie statt Karriere. Die MINT-Berufe sind weiterhin überwiegend Männersache, und in den Social Media posten Frauen primär zu den klassischen Frauenthemen Schminke und Outfit.
Die typischen männlich-weiblichen Verhaltensmuster sind über viele Generationen tradiert. Es gibt akademische Studien, die Erfahrungen bis in die 4. Generation spezifisch nachweisen können. In der Krise greift man auf das zurück, was Sicherheit gibt und automatisch funktioniert. Das bedeutet aber zugleich, dass sich im Grunde nur an der Oberfläche etwas geändert hat. Veränderung ist sowohl ein gesellschaftlicher als auch ein politischer Prozess.
Familienarbeit – Grund Nummer 1 für ungleiche Karrierechancen
Die Lücke in der Zeitverwendung von Männern und Frauen für unbezahlte Hausarbeit, Kinderbetreuung und Pflege (Gender Care Gap) ist nur gemeinsam zu schließen. Sie ist die eigentliche Ursache für die Lücke im Gehalt (Gender Pay Gap) und in der Altersversorgung. Hier müssen wir ansetzen und uns einsetzen für
- flexible Arbeitsbedingungen für alle unabhängig vom Geschlecht, die sich um Sorgetätigkeiten kümmern;
- Wiedereinstiegsmöglichkeiten und Unterstützung nach Elternzeiten für Frauen und Männer;
- Lebensarbeitszeit- und Einkommensmodelle entwickeln und ermöglichen;
- bezahlbare Auszeiten für Fort- und Weiterbildung;
- Konzepte für späte Lebensarbeitszeiten, wenn am Ende der vollen Leistungsfähigkeit noch zu viel Arbeitszeit übriggeblieben ist.
Die Instrumente und funktionierenden Organe für politische Arbeit und Zusammenarbeit sind aktiv vorhanden. Die VRFF hat seit vielen Jahren auf Betriebs- und auf Bundesebene Gendervertretungen und ist stimmberechtigtes Mitglied bei der Frauenorganisation vom dbb beamtenbund und tarifunion. Lasst uns diese und andere nutzen, um die Arbeitsbedingungen und gesellschaftliche Realität aktiv mitzugestalten!
Die Autorin ist die Gender-Beauftragte der VRFF und Personalrätin im ZDF.
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